AWO Integrationsarbeit

Wurzeln wie eine Seerose

Unter dem Dach des Arbeiterwohlfahrt Kreisverbandes Wesel leistet das Internationale Bürgerzentrum und die Integrationsagentur seit 1991 in Moers-Repelen interkulturelle Arbeit.  Mit Kursangeboten, Sprechstunden und Gesprächskreisen tragen sie zur Verständigung und Toleranz bei.

Wenn Behnaaz Jansen oder ihr Kollege Fahri Simsek am Samstagmorgen in Repelen einkaufen gehen, planen sie dafür mindestens zwei Stunden ein. Denn die beiden kennen hier buchstäblich jeden. „Wir werden überall begrüßt und halten mit allen ein Schwätzchen“, sagt Jansen. Dieses Vertrauen und diese Nähe zu den Bürgern ist gleichzeitig die Basis und quasi die Bedingung für ihre Arbeit.

Zübeyde Sözüdogru arbeitet in der Integrationsagentur an der Talstraße in Repelen. In den Räumen befinden sich außerdem die Flüchtlingsberatung und benachbart das Internationale Bürgerzentrum (IZ). Jeder dritte Repelener hat einen Migrationshintergrund. In den Fünfziger und Sechziger Jahren kamen viele Ausländer, hauptsächlich Türken, nach Moers und Kamp-Lintfort, um in den Zechen zu arbeiten. Sie sind geblieben, holten ihre Familien nach, und auch heute noch kommen Frauen und Männer aus der Türkei hierher, um zu heiraten.

„Hier setzt ein Teil unserer Arbeit an“, erklärt Behnaaz Jansen, die aus eigener Erfahrung weiß, wie man sich fühlt, wenn man in ein fremdes Land kommt. Das IZ bietet Deutschkurse an. Darin vermittelt die Lehrerin auch deutschen Alltag, deutsche Kultur und zeigt ihnen, wie sie sich in ihrer neuen Umgebung zurechtfinden können. „Dieses niederschwellige Kursangebot wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, abgekürzt BAMF, gefördert“, sagt Jansen. Ziel sei es, die Teilnehmerinnen auf einen Stand für die „normalen“ BAMF-Integrationskurse zu bringen.

„Sprache ist der Schlüssel“, betont Sözüdogru, die Deutsch wie Türkisch fließend spricht. Damit sind einerseits natürlich gute Deutschkenntnisse gemeint und andererseits die Beherrschung der Muttersprache. Zübeyde Sözüdogru vergleicht das gern mit einer Seerose: „Sie muss feste und tiefe Wurzeln haben, um weitere Wurzeln zu schlagen und Blüten zu treiben.“ So schult die Integrationsagentur der AWO beispielsweise ehrenamtliche Lesepatinnen, die in den Kindergärten und Schulen auf Deutsch und auf Türkisch vorlesen. „Damit werden nicht nur die Kinder an Literatur herangeführt, sondern auch das Selbstbewusstsein der Ehrenamtlerinnen gestärkt“, erzählt Sözüdogru. Seit 2006 bildet die Integrationsagentur pro Jahr zirka 20 Vorlesepatinnen aus, wobei die Schulungen immer in deutscher Sprache stattfinden. „Für die Kinder ist es zudem eine positive Erfahrung, wenn in ihrer Muttersprache vorgelesen wird“, so Sözüdogru.

Ein weiteres Angebot des IZ, das viel Zulauf erhält, ist der Fahrradlernkurs. Viele der Migrantinnen könnten kein Fahrrad fahren, Radeln zu lernen sei einfach nicht üblich gewesen, meint Jansen. Auf dem Schulhof, mit Verkehrsschildern und in Zusammenarbeit mit der Polizei lernen die Frauen in dem Kurs das Radfahren. „Dieses Mobilerwerden ist ein Schritt in die Gesellschaft, und es ist schön, wenn man nach dem Kurs einige Frauen mit dem Rad durch den Ort flitzen sieht.“

-zur freien Verfügung-
Autorin: Annette Feldmann
AWO Kreisverband Wesel
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Bildunterschrift: Den Patinnen macht das Vorlesen mindestens genauso viel Spaß wie den Kindern das Zuhören.

Bildhinweis: AWO Kreisverband Wesel

Info

Die Stadt Moers hat in 2008 die Evaluation der Internationalen Zentren in Moers in Auftrag gegeben. Das beauftrage, renommierte Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) kam zu dem Ergebnis, dass die Arbeit der Einrichtungen sehr gut ist. Evaluationskriterien waren unter anderem Bedarfsorientierung, Zielerreichung, Nachhaltigkeit, Integration, sowie die Qualität der Leistungen.

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