AWO Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften:
Die Familienprofis
Familie ist bunt geworden. Vater, Mutter, Kind gibt's noch. Aber auch die alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern ist eine Familie, genauso wie das unverheiratete Paar mit Nachwuchs oder zwei Frauen, die zusammen leben. Und wenn Klaus Patalong von sozialpädagogischen Lebensgemeinschaften spricht, dann meint er damit auch Familie. Eine Profifamilie. Patalong ist bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Kreis Wesel zuständig für die „Erziehung in Familien“. Kinder, die nicht bei ihren leiblichen Eltern bleiben können, in der Regel durch ihre Vorgeschichte traumatisiert sind, werden in Familien untergebracht, in denen die Eltern nicht nur die Liebe zum Kind mitbringen, sondern einer der beiden Partner auch das nötige Fachwissen besitzt. Solche Profifamilien sind rar geworden, die Zahl der hilfsbedürftigen Kinder dagegen steigt und steigt.
Seit rund zehn Jahren ist der Diplom-Sozialwissenschaftler Klaus Patalong im Jugendhilfeverbund der AWO beschäftigt. „Als ich hier anfing, hatten wir rund 40 solcher Familien. Heute sind es noch 17.“ Zum einen sei der Fachkräftemarkt leer gefegt. Dies betreffe nicht nur die Arbeiterwohlfahrt, sondern alle Verbände. Zum anderen verändere sich etwas in der Gesellschaft, „das soziale Engagement lässt nach, immer weniger Menschen sind bereit, sich für andere in Not einzusetzen.“

Wie wird ein Paar, wird eine Familie Profifamilie? „Indem sie sich bei uns meldet“, sagt Klaus Patalong. Die AWO inseriert regelmäßig und öffnet mehrmals im Jahr die Türen ihrer Einrichtung in Dinslaken, um über das Thema zu informieren. In Frage kommen Menschen, die eine berufliche Qualifikation im Bereich Sozialarbeit, Sozialpädagogik oder Erziehung haben. Und auch den nötigen Platz, das Kind soll sein eigenes Zimmer bekommen. Gibt es bereits Kinder in der Familie, legen Patalong und sein Team Wert darauf, dass diese Kinder älter sind. „Um Konkurrenzdenken und Eifersüchteleien so weit wie möglich auszuschließen.“ Denn das neue Familienmitglied braucht aufgrund seiner Vorgeschichte viel Aufmerksamkeit, Zuwendung und Unterstützung. Keine einfache Situation, weshalb die künftigen Eltern auch eine gewisse Lebenserfahrung mitbringen sollten, „kurz, mit beiden Beinen mitten im Leben stehen“. Worauf sich die Profifamilie außerdem einstellen muss: „Sie gibt einen Teil ihrer Intimsphäre auf.“
Nicht nur dass sich Patalong und einer seiner Mitarbeiter unabhängig voneinander einen ersten Eindruck verschaffen, ob die Bewerberinnen und Bewerber geeignet sind, dass ein umfangreicher Fragebogen zu beantworten ist und letztendlich ohne die Betriebserlaubnis des Landesjugendamtes kein Einsatz möglich ist. Sondern auch: „Die Familien müssen ihr Haus für uns öffnen.“ Für die halbjährige Jugendhilfeplanung, für die monatlichen Besuche der Fachberater. Außerdem gehören mindestens sechs Teamsitzungen im Jahr mit den Fachberatern zum Programm, eine monatliche Supervision und einmal im Jahr eine Fortbildung. Wie in jedem anderen Job auch. Denn die Profifamilie bekommt einen SPL- Vertrag (Arbeitsvertrag) mit der Arbeiterwohlfahrt. Bei einem Kind für eine halbe Stelle, bei zweien ist es ein Vollzeitvertrag. Sind zwei Fachleute in der Familie, können rein theoretisch vier Kinder aufgenommen werden.

Wer sich bewirbt, muss wissen, dass es sich um eine langfristige Geschichte handelt. Die Kinder und Jugendlichen, so Patalong, „sollen in der Regel bis zur Volljährigkeit in ihrer neuen Familie bleiben. Weil sich bereits früh abzeichnet, dass sie zu ihren leiblichen Eltern nicht mehr zurückkönnen.“ Die Dauer des Dienstvertrages hänge davon ab, wie lange das Kind in der Familie bleibe. Patalong kennt auch Fälle, in denen die Profi-Eltern vorzeitig aufgegeben haben. Dann müsse nach Alternativen gesucht werden, zum Beispiel eine therapeutische Wohngruppe oder ein Heim.
Ist die Profifamilie akzeptiert, bedeutet dies nicht, dass das neue Familienmitglied sofort einzieht. Die Kinder vermittelt das Jugendamt. Auch hier wird deutlich, dass überall Familien fehlen: „Früher haben sich nur die Jugendämter aus der Region gemeldet, heute gibt es Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet.“ Liegt die Anfrage auf dem Tisch, beginnt die so genannte Anbahnungsphase. Zunächst sitzen Jugendamt, Patalong und die Familie zusammen, gibt das Jugendamt grünes Licht, lernen sich die künftigen Eltern und das Kind kennen. Wie lange diese Phase dauert, hängt von den Beteiligten ab. Was bedeutet, dass die Chemie stimmen muss, dass das Mädchen oder der Junge sich vorstellen kann, in dieser Familie zu leben. Umgekehrt kann auch die Profifamilie sagen, wenn es nicht passen sollte.
Auf jeden Fall gilt: „Das Kind steht im Mittelpunkt.“
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Pressemitteilung: Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften: Die Familienprofis / Text und Fotos zur freien Verfügung / 4.645 Zeichen -
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BU zu AWO-Familienprofis_Klaus_Patalong-1-3: Wer sich in diesem Bereich Sozialpädagogische Lebensgemeinschaften engagieren möchte und die notwendigen Voraussetzungen mitbringt, kann sich bei Klaus Patalong informieren. -
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BU zu AWO-EBZ-Dinslaken: Im Erziehungshilfe- und Beratungszentrum in Dinslaken an der Alleestraße 2, an der Stadtgrenze zu Duisburg werden unterschiedliche Jugendhilfeangebote miteinander vernetzt.

Wer sich in diesem Bereich engagieren möchte und die notwendigen Voraussetzungen mitbringt, kann sich bei Klaus Patalong unter 02064 / 39976-22 oder 0175 / 4340842 informieren.