AWO Geschäftsbereich Altenpolitik:

Pflegestärkungsgesetze und ihre Auswirkungen

Die drei Pflegestärkungsgesetze, die in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht wurden, sind ein umfangreiches Werk. Carsten Weyand, Leiter des Geschäftsbereiches Altenpolitik beim AWO Kreisverband Wesel, erklärt, wie die Menschen von diesen Gesetzen profitieren.

Welche Auswirkungen haben die Pflegestärkungsgesetze?

Die markantesten Auswirkungen sind sicherlich diese: die massive Stärkung des Gedankens „ambulant vor stationär“, verbunden mit deutlich mehr Leistungen, und ein Perspektivwechsel beim Pflegebedürftigkeitsbegriff.

Das müssen Sie erklären.

Fangen wir mit dem Perspektivwechsel beim Pflegebedürftigkeitsbegriff an. Früher wurde der*die Pflegebedürftige unter dem Gesichtspunkt betrachtet, was sie*er nicht mehr leisten könne. Heute geht es darum, was sie*er noch kann und welche Unterstützung sie*er dabei brauchen könnte.

Was ändert sich in der ambulanten Pflege?

Wie gesagt, der ambulante Sektor ist durch diesen Perspektivwechsel massiv gestärkt worden, die größten Veränderungen durch die Pflegestärkungsgesetze gibt es im ambulanten und teilstationären Bereich, also bei Tages- und ambulanter Pflege, bei Kurzzeit- und Verhinderungspflege.

Können Sie das an einem Beispiel deutlich machen?

Für die ambulante Pflege bekommen Menschen, die zuhause Angehörige pflegen, Geld. Das gilt auch, wenn sie zur Unterstützung einen ambulanten Pflegedienst ins Haus holen. Neu ist, dass sie mit dem Satz, den sie für die Pflege daheim bekommen, auch die Tagespflege zusätzlich finanziert bekommen.

Carsten Weyand

Das dient der Entlastung der Angehörigen?

Auf jeden Fall. Ohne Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, geht es nicht. Und jetzt gibt es die Gewissheit: Ich kann zuhause pflegen, ob mit oder ohne Unterstützung durch einen professionellen ambulanten Dienst, und kann gleichzeitig die Tagespflege sicherstellen, weil das Geld noch einmal ausgeschüttet wird.

Was hat sich noch verändert?

Menschen, die zuhause gepflegt werden, können sich einfach mehr leisten. Es gibt Betreuungs- und Entlastungsleistungen, 125 Euro im Monat, die grundsätzlich jeder, der mindestens Pflegegrad 1 hat, beantragen kann. Das kann auch die Betreuungskraft sein, die vielleicht eine halbe Stunde am Tag vorbeikommt, auch, um die Angehörigen zu entlasten.

Wie bewerten Sie die Änderungen?

Wenn ich bei Vorträgen, in Seminaren und Fortbildungen die Frage stelle, wie Menschen leben wollen, wenn sie älter sind, dann antworten 90 Prozent der Befragten: Ich möchte so lange wie möglich in meinen eigenen vier Wänden bleiben. Der Gesetzgeber hat das umgesetzt, was wir alle oder jedenfalls die meisten von uns sich wünschen. Wenn jetzt noch die ambulanten Strukturen dementsprechend wären, wäre das ein großer Gewinn für die betroffenen Menschen.

Wie reagiert die AWO auf die Veränderungen?

Wir stärken die Tagespflege, wir bauen sie aus, genau wie die ambulanten Dienste. Wir bieten hochprofessionelle Unterstützung, damit Menschen zuhause alt und älter werden können. Am Beispiel Tagespflege wird das sehr deutlich. Wir haben zwei Standorte, einen in Wesel, einen in Moers, ein dritter wird in Neukirchen-Vluyn entstehen. Des Weiteren bilden wir verstärkt Menschen für den Pflegeberuf aus, damit Pflege auch dort stattfinden kann, wo Pflege benötigt wird, also ambulant wie stationär.