Interviews von Direktkandidat*innen im Kreis Wesel

Unsere Bundestagskandidat*innen im Gespräch
Was treibt sie an? Wofür setzen sie sich ein? Hier erfahrt ihr aus erster Hand, wie unsere Kandidat*innen mit Herz und Haltung für eine gerechtere Zukunft kämpfen. Kurz, spannend und nah am Menschen – reinschauen lohnt sich!
Kevin Waldeck

tritt für die SPD im Wahlkreis 112 – Wesel I an, also in den
Kommunen Alpen, Hamminkeln, Hünxe, Kamp-Lintfort,
Rheinberg, Schermbeck, Sonsbeck, Voerde, Wesel und Xanten.
Kevin, du bist AWO-Mitglied. Für wie bedeutend hältst du die Rolle der AWO bei der Stärkung demokratischer Werte und der politischen Bildung?
Kevin Waldeck: Für sehr wichtig. Die Räume, in denen Demokratie heute gelebt und vorgelebt wird, werden immer kleiner. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die AWO und andere Verbände durch ihre Werte zur politischen Willensbildung beitragen. In der heutigen Zeit ist die Stärkung der Demokratie unverzichtbar.
Warum ist es so wichtig, demokratisch zu wählen bzw. überhaupt wählen zu gehen?
Kevin: Demokratisch zu wählen, heißt unterschiedlichste Interessenlagen zu berücksichtigen. Es gibt keine vorherrschende Meinung, die andere unterdrückt. Demokratie ist die einzige Form der Mitbestimmung für jede*n Einzelne*n. Es gibt die Bereitschaft Konsense zu bilden, dass man am Ende eine Lösung anbieten kann, mit der möglichst alle zufrieden sind. Nicht wählen zu gehen, ist keine Lösung. Feinde der Demokratie können so stärker werden.

Was sind die größten Herausforderungen, vor denen Demokratien heute stehen, insbesondere im Hinblick auf Populismus und Extremismus?
Kevin: Demokratien sind darauf angewiesen, dass es in einem Land wirtschaftlich gut läuft. Sie müssen einiges leisten. Wo wenig Wachstum herrscht, machen sich die Menschen auch eher Sorgen. Populistische und extremistische Parteien nutzen die Emotionen der Menschen aus, ebenso ihre Ängste und Sorgen. Das ist es wahrscheinlich, was die Bürger*innen teilweise anspricht. Eine große Gefahr für Demokratien.
Wir hatten ja vorhin bereits die große Bedeutung der Wertevermittlung angesprochen. Wofür machst Du Dich in Deiner Politik stark?
Kevin: Mir ist es wichtig, dass die Menschen das Gefühl haben, dass der Staat für sie da ist. Insbesondere gilt dies der Betreuung von Kindern berufstätiger Familien. Lange Wartelisten für Betreuungsplätze in Kindertagesstätten oder auch häufige Unterrichtsausfälle in den Schulen führen zu regelmäßigen Herausforderungen in den Familien. Die Maßnahmen der vergangenen Jahre etwa in Form eines Rechtsanspruches auf Ganztagsbetreuung in Schulen und Kitas sind deshalb richtig. Des weiteren liegt mir der Klimaschutz sehr am Herzen. Zukunftsorientierte Lösungen sollten dann aber auch so gestaltet sein, dass wir niemanden zurücklassen und sie für jede*n bezahlbar sind und, dass die Menschen von den Veränderungen profitieren können.
Du kandidierst für den Bundestag, um die „Belange unserer Heimat auf Bundesebene kraftvoll zu vertreten“. Kannst Du dazu bitte ein paar Beispiele nennen?
Kevin: Ich setze mich dafür ein, dass eine Kommune in der Lage ist, die Kinderbetreuungssituation zu optimieren. Heimat sollte erhalten bleiben und der Nachhaltigkeitsgedanke weitergeführt werden, zum Beispiel durch regenerative Energien.
Manu Bechert

tritt für die Linke an, ebenfalls im Wahlkreis 112.
Manu, du bist AWO-Mitglied. Für wie bedeutend hältst du die Rolle der AWO bei der Stärkung demokratischer Werte und der politischen Bildung?
Manu Bechert: Sehr. Die AWO ermöglicht Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Generationen Zugang zu Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe. Das fördert eine informierte Bürgerschaft, die demokratische Prozesse versteht und mitgestaltet. Sie ist dabei einer der wenigen Verbände ohne kirchlichen Träger im Rücken – das finde ich besonders gut.
Warum ist es so wichtig, demokratisch zu wählen bzw. überhaupt wählen zu gehen?
Manu: Mit deinem Kreuz kannst du über gesellschaftliche Fragen mitentscheiden, die dein Leben beeinflussen. Wer nicht wählt, überlässt anderen die Verantwortung. Wer rechtsextrem wählt, stärkt Kräfte, die Ängste schüren und einfache Lösungen versprechen, in Wahrheit aber ein menschenfeindliches Klima im Land schaffen.
Was sind die größten Herausforderungen, vor denen Demokratien heute stehen, insbesondere im Hinblick auf Populismus und Extremismus?

Manu: Einige Parteien nutzen die Unsicherheiten unserer Bevölkerung aus, um Stimmen zu fangen – sie wollen Macht, nicht Veränderung. Besonders schlimm ist, dass diese Akteur*innen häufig antidemokratischen Ideologien anhängen. Sie greifen demokratische Werte an und stärken Rassismus und Diskriminierung. Nur durch eine Politik, die soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten abbaut, können wir Populismus und Extremismus das Wasser abgraben; eine Politik der Solidarität, des Dialogs und des Respekts. Wir hatten ja vorhin bereits wichtige Werte angesprochen.
Wofür machst du dich in deiner Politik stark?
Manu: Gerechtigkeit und Chancengleichheit: Ich habe selbst erlebt, wie schwer es war, als alleinerziehende Mutter parallel zu studieren und zu arbeiten. Demokratie funktioniert nur dann gut, wenn alle, unabhängig von Millieu, Herkunft und Geschlecht, die Chance haben, nicht nur zu funktionieren, sondern die Gesellschaft mitzugestalten. Ich lege großen Wert auf den Schutz unserer Umwelt und eine klimapolitische Verantwortung, die die großen Verursacher in die Pflicht nimmt. Das Thema hat mich politisiert, als Aktivistin im Hambacher Forst, wo ich eine Zeit lang im Baumhaus gelebt habe. Die soziale und ökologische Frage gehören zusammen – wenn wir Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit verbinden, können wir eine gute Zukunft schaffen.
Du kandidierst für den Bundestag, um u.a. soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt der Politik zu rücken. Kannst du dazu bitte ein paar Beispiele nennen?
Manu: Für mich bedeutet soziale Gerechtigkeit, dass alle Menschen die Chance haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das beginnt mit einem realistischen Mindestlohn und Frauumfasst die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, sicheren Arbeitsplätzen sowie besseren kosten- und barrierefreien Bildungschancen. All das darf kein Luxus sein! Bei diesen Themen will ich bundespolitisch nachregeln. Ich möchte eine Gesellschaft, die keine*n zurücklässt, mit Menschen, die ihr eigenes Leben genauso wie das große, bunte Miteinander in diesem Land gestärkt, bewusst und gesund gestalten können.
Ulle Schauws

tritt für die Grünen an. Ihr Wahlkreis 113 – Wesel II umfasst Moers, Neukirchen-Vluyn und Krefeld.
Ulle, du bist AWO-Mitglied. Für wie bedeutend hältst du die Rolle der AWO bei der Stärkung demokratischer Werte und der politischen Bildung?
Ulle Schauws: Für absolut wichtig. Die AWO, die mit einer großen Präsenz in fast allen Lebensbereichen das Gemeinwohl voranstellt, spielt eine große Rolle bei der Stärkung demokratischer Werte. Sie stellt Menschen in den Mittelpunkt und ist daher ein wichtiger Player. Aus tiefster Überzeugung unterstütze ich die Arbeit der AWO.
Warum ist es so wichtig, demokratisch zu wählen bzw. überhaupt wählen zu gehen?
Ulle: Sehr wichtig ist es, die Demokratie durch die Wahl aktiv zu stärken und Verantwortung zu übernehmen. Das ist absolut unabdingbar. Wir müssen uns aber auch mit vielen Dingen mehr auseinandersetzen, uns mehr trauen und den Mut haben lauter zu werden.
Was sind die größten Herausforderungen, vor denen Demokratien heute stehen, insbesondere im Hinblick auf Populismus und Extremismus?
Ulle: Momentan erlebe ich, dass viele Menschen von Politik genug haben, durch das Internet zugespamt werden mit negativen Schla zeilen und dann noch das „Schwarz/Weiß“ Denken von rechten Parteien erleben. Das macht unseren Zusammenhalt anfällig. Darum ist es wichtig, Ruhe reinzubringen, klare Haltung zu zeigen und den Menschen eine klare Orientierung zu bieten. Und das mit Zuversicht.

Wofür machst du dich in deiner Politik stark?
Ulle: Ich mache mich stark für Menschen, die Ungerechtigkeiten und Diskriminierung erleben. Für Frauen und Mädchen, die nach wie vor in unserer Gesellschaft ungleiche Chancen haben. Im Moment heißt es für viele Frauen: Kinder oder Karriere – entweder oder. Das ist aber keine Wahlfreiheit, die Frauen haben sollten. Wer eine moderne Gesellschaft mit Kindern will, muss Gleichberechtigung ernst nehmen. Wir brauchen eine konsequente Gleichstellungspolitik, „equal Pay“ für Frauen und mehr Schutz vor Altersarmut. Auch im Familien- und Abstammungsrecht müssen wir dringend Reformen machen, damit alle Kinder gleich behandelt werden und den Schutz durch zwei Eltern von Geburt an erhalten. Für heterosexuelle Paare gilt dies. Für Regenbogenfamilien gilt dies immer noch nicht. Lesbische Paare müssen ein langes und diskriminierendes Adoptionsverfahren durchlaufen, um den zweiten rechtlichen Elternteil anerkannt zu bekommen. Als Fachpolitikerin u.a. für Queerpolitik setze ich mich für das Kindeswohl und die Vielfalt aller Familien ein.
Du kandidierst für den Bundestag, um u.a. „Eine Welt zu schaffen, in der alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten sind“. Kannst du dazu bitte ein paar Beispiele nennen?
Ulle: Die Selbstbestimmung der Frau über ihren eigenen Körper ist unabdingbar. Deshalb bin ich eine der Initiator*innen des Gruppenantrags zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in §218. 328 Abgeordnete mehrerer Fraktionen unterstützen diesen Gesetzentwurf als Erstunterzeichner*innen. Die noch geltenden Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch haben negative Auswirkungen auf die Versorgungslage der Frauen, die Zahl der Ärzt*innen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen können, sinkt immer mehr. Deshalb muss der Schwangerschaftsabbruch endlich legalisiert und aus dem Strafgesetzbuch entfernt werden.
Jan Dieren
tritt erneut für die SPD an, ebenfalls im Wahlkreis 113. Seit 2021 ist er direkt gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages.
Jan, du bist AWO-Mitglied. Für wie bedeutend hältst du die Rolle der AWO bei der Stärkung demokratischer Werte
und der politischen Bildung?
Jan Dieren: Die Rolle der AWO halte ich für sehr bedeutend. Die Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, Marie Juchacz, zeigte schon früh, wie wichtig es ist, das eigene Wohlergehen selbst in die Hand zu nehmen, um nicht von anderen abhängig zu sein. Dieses Erleben von Selbstwirksamkeit ist auch heute wichtig, denn ohne Selbstwirksamkeit ist eine Demokratie nicht von langer Dauer: Wer immer wieder das Gefühl hat, am Ende doch keinen Einfluss zu haben, ist frustriert. Die AWO steht für eben diese Selbstwirksamkeit und ist deshalb für die Rolle der Demokratie so entscheidend.
Warum ist es so wichtig, demokratisch zu wählen bzw. überhaupt wählen zu gehen?
Jan: Wer nicht wählen geht, überlässt die Entscheidung, was passiert, anderen. Ich stelle aber bei vielen „Tür-Gesprächen“ fest, dass bei Nichtwählern viel mehr dahinter steckt, als bloßes Desinteresse an der Wahl. Viele Menschen haben das Gefühl, nicht selbstwirksam zu sein. Oft höre ich den Satz „Wenn ich wählen gehe, ändert sich für mich später dann sowieso nichts“. Diesem Frust können wir nicht begegnen, indem wir einfach betonen, wie wichtig Wahlen sind. Ich finde es sinnvoll, zuzuhören, die Menschen und ihre Kritik an der Demokratie ernstzunehmen und daraus dann etwas zu lernen: Wir müssen die Demokratie weiterentwickeln!

Was sind die größten Herausforderungen, vor denen Demokratien heute stehen, insbesondere im Hinblick auf
Populismus und Extremismus?
Jan: Die größte Herausforderung ist es, die Demokratie einerseits gegen die Angriffe von Rechts zu verteidigen, andererseits aber auch die Kritik an ihr ernstzunehmen. Viele Menschen sind wütend oder enttäuscht, sie erleben, dass Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden. Das machen sich rechte Rattenfänger zunutze und greifen damit
die Demokratie insgesamt an. Wir müssen dieses Erleben vieler Menschen ernstnehmen, die Kritik aufgreifen und darauf eingehen.
Wir hatten ja vorhin bereits wichtige Werte angesprochen. Wofür machst du dich in deiner Politik stark?
Jan: Wir sollten mehr Demokratie wagen – wie es bei Willy Brandt schon hieß. Bisher ist die Demokratie auf den politischen Raum begrenzt. Ich finde, auch in der Arbeitswelt sollten mehr Entscheidungen demokratisch getroffen werden, zum Beispiel beim Arbeitsplatzabbau oder bei Werksschließungen. Solche Entscheidungen sollten gemeinsam mit den Beschäftigten und nicht über die Köpfe der Menschen hinweg getroffen werden.
Du kandidierst für den Bundestag, um gutes Leben bzw. gute Lebensbedingungen für alle Menschen zu schaffen und zu sichern. Kannst du dazu bitte ein paar Beispiele nennen?
Jan: Wichtig ist mir, dass die Menschen finanziell über die Runden kommen und keine Angst vor hohen Rechnungen haben müssen. Ich setze mich daher für weniger Mietkosten, mehr Lohn und höhere Renten ein. Stichwort „Altersarmut“: die gesetzlichen Renten dürfen nicht weiter sinken. Im Gegenteil braucht es eine grundsätzliche Rentenreform, damit die Rente für alle reicht