Aktueller Arbeitslosenreport

Arm trotz Arbeit

30. September 2022

Die freie Wohlfahrtspflege NRW hat den aktuellen Arbeitslosenreport veröffentlicht. Er zeigt, dass mehr als 22,1 Prozent der SGB II- Leistungsempfänger*innen im Kreis Wesel sogenannte Aufstocker*innen sind. Der größte Teil dieser Aufstocker*innen sind Leistungsempfänger*innen, die trotz Erwerbstätigkeit auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Ein geringerer Teil erhält Sozialleistungen wie Kranken- oder Arbeitslosengeld.

Die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel, Brunhild Demmer sagt: „Es ist skandalös, dass so viele Menschen aufstockende Leistungen beim Jobcenter beantragen müssen.” Lag der Anteil derer, die zusätzlich zu ihrem sozialversicherungspflichtigen Lohnentgelt noch Hartz IV beantragen müssen, 2010 noch bei etwa 9,7 % im Kreis Wesel, so waren es 2021 sogar 
11 %. 

Dazu passt, dass das mittlere Einkommen in NRW im Vergleich zum Bund weniger stark steigt. „Das ist Ausdruck des Verlustes von hochqualifizierten und gut bezahlten Industriearbeitsplätzen und der Ausweitung von billigen Dienstleistungsjobs. Das geschieht in NRW ausgeprägter als anderswo in Deutschland“, sagt Demmer. „Wir brauchen dringend eine Aufwertung von Arbeitsplätzen vor allem im häufig schlecht bezahlten Dienstleistungsbereich“, so die Sprecherin
der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel.


Der wachsende Niedriglohnsektor sorgt dabei dafür, dass bei immer mehr Menschen das Einkommen nicht zur Versorgung der Familie ausreicht. Schon jetzt verdienen im Kreis Wesel 11,8 % der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten lediglich 2.000 Euro brutto pro Monat und weniger. Und unter denen verdienen Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besonders schlecht. Der Frauenanteil im Niedriglohnsektor ist mit 18 % mehr als doppelt so hoch wie der der Männer (8,8 %). Menschen ohne deutsche  Staatsangehörigkeit stehen mit 26,6 % im Vergleich annähernd dreifach schlechter da als Deutsche (9,6 %). Und das nicht nur im Niedriglohnsegment. 

Zu erklären sei das nur in Teilen mit fehlenden Qualifikationen bei Zugewanderten, so die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel. Es scheint offensichtlich, dass es strukturelle Diskriminierungen bei der 
Entlohnung gibt, indem Frauen und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit für die gleichen Jobs schlechter bezahlt werden. „Hier muss der Gesetzgeber stärker aktiv werden, um gerechte und angemessene Bezahlung aller Menschen zu gewährleisten. Zudem braucht es mehr Kinderbetreuungsangebote, damit sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen.“

Hintergrundinformationen
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport NRW“. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport 
NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen.
 

Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW
In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bieten sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige
Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote. www.freiewohlfahrtspflege-nrw.de 

Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel
Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege haben sich in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel zusammengeschlossen. Gemeinsames Ziel ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit im Kreis Wesel und die Sicherung bestehender Angebote. Die Wohlfahrtsverbände bieten mit einem vielfältigen Spektrum an sozialen Dienstleistungen vielen Menschen Unterstützung und Hilfe - für Kinder, Jugendliche und Familien, für Seniorinnen und Senioren, für 
von Armut Betroffene, für Kranke, Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige, für Menschen mit Migrationshintergrund, junge Menschen ohne Ausbildung oder Langzeitarbeitsarbeitslose.