AG Wohlfahrtspflege zum Arbeitslosen-Report
Deutsche Männer bevorzugt!?
Der aktuelle Arbeitslosenreport der Freien Wohlfahrtspflege NRW zeigt, dass die geförderte Beschäftigung nach § 16i SGB II aktuell nur einen Bruchteil der arbeitslosen
Langzeitleistungsbeziehenden erreicht. Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit sind
dies nur vier Prozent. Aus Sicht von Brunhild Demmer, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel, ist das deutlich zu wenig.
In einer Pressemitteilung vom 17.06.2022 weist die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel auf diesen Missstand hin und fordert die Politik zum Handeln auf. Denn, geförderte Beschäftigung muss allen Menschen gleiche Chancen bieten.
Vor allem bei Frauen und Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit besteht Luft nach oben. Die Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel fordert zudem eine Verkürzung der im Gesetz verankerten zeitlichen Zugangsvoraussetzungen: Warum muss sich Arbeitslosigkeit erst verfestigen, bevor Fördermaßnahmen greifen?
„Wer vom Jobcenter zugewiesene Langzeitarbeitslose in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis einstellt, kann über den § 16i SGB II Förderung erhalten. „Eigentlich ein gutes Instrument, von dem beide Seiten profitieren. Aber es hakt in der Umsetzung“, so die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft. Ohnehin werden nur 3,9 Prozent der Langzeitleistungsbeziehenden im Kreis Wesel überhaupt erreicht. In NRW sind das vier Prozent. Und wer ist das? Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit belegt, dass deutsche Männer am meisten von dem Förderinstrument § 16 i SGB II profitieren. Mehr als die Hälfte der Langzeitleistungsbeziehenden in NRW sind jedoch Frauen (52,4 %).
In der Gruppe der Geförderten wird deutlich, dass es hier im Jahr 2021 NRW- weit lediglich 36,7% waren, also nur rund ein Drittel. „Woran liegt das? Warum bekommen überwiegend deutsche Männer eine Förderung, die auf Grund ihrer Voraussetzungen ohnehin eine bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt haben?“, fragt Brunhild Demmer. Denn der Blick in die Statistik zeigt: Bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit ist die Diskrepanz noch verheerender als bei den Frauen. Ihr Anteil unter den Leistungsbeziehenden liegt in NRW bei 42 %. Unter den vom Jobcenter den Unternehmen zugewiesenen Menschen in NRW, sind sie mit einem Anteil von 15,7 % in der Förderung deutlich unterrepräsentiert. Teilzeit, Kinderbetreuung oder Sprachförderung müssen mitgedacht und Teil des Programms werden, so die Forderung der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel.
„Es gibt Nachbesserungsbedarf! Ein Förderprogramm mit so viel Potential muss alle Menschen mitnehmen, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft“, fordert die Sprecherin. Kritisch sieht sie auch die Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens sechs Jahren innerhalb der letzten sieben Jahre als Grundvoraussetzung. Dies müsse dringend deutlich verkürzt werden, zumal Zeiten wie Inhaftierung, Arbeitslosengeld I-Bezug oder Beschäftigung im Bundesfreiwilligendienst nicht einmal mitzählen.
“Je länger Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger ist es, den Weg herauszufinden. Warum müssen Menschen erst sechs Jahre arbeitslos sein, damit sie eine Förderung erhalten können, die eine wirkliche Chance bietet, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen“, so Demmer. „Es ist gesellschaftlich sinnvoller und volkswirtschaftlich auch günstiger, die Förderung viel früher einzusetzen, damit über Jahre verfestigte Arbeits- und Hoffnungslosigkeit erst gar nicht entsteht und im Umkehrschluss vorhandene berufliche Kenntnisse nicht gänzlich verloren gehen.“
Hintergrund:
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport NRW“. Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und zur Zahl der Personen in Bedarfsgemeinschaften, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen.
Zur Info:
Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege haben sich in der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrts[verbände im Kreis Wesel zusammengeschlossen. Gemeinsames Ziel ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit im Kreis Wesel und die Sicherung bestehender Angebote. Die Wohlfahrtsverbände bieten mit einem vielfältigen Spektrum an sozialen Dienstleistungen vielen Menschen Unterstützung und Hilfe - für Kinder, Jugendliche und Familien, für Seniorinnen und Senioren, für von Armut Betroffene, für Kranke, Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige, für Menschen mit Migrationshintergrund, junge Menschen ohne Ausbildung oder Langzeitarbeitslose