Arbeitsgemeinschaft Wohlfahrtspflege

Rückgang der Arbeitslosigkeit: Statistik muss differenziert betrachtet werden

8. September 2021

Die AG Wohlfahrtspflege macht in einer Pressemitteilung auf die Situation am Arbeitsmarkt aufmerksam, insbesondere auf die Zahl der Unterbeschäftigten.

Über 2344 Personen sind im Kreis Wesel im Juni der Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit gelungen – so zeigt es die offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Doch nur 39,5 Prozent dieser Arbeitslosen hat tatsächlich eine bezahlte Beschäftigung aufgenommen – 32,2 Prozent fallen aus anderen Gründen aus der Statistik heraus. Sie zählen nicht mehr als arbeitslos, weil sie beispielsweise arbeitsunfähig, aufgrund von Krankheit, Erziehungs- oder Pflegezeiten für das Arbeitsamt vorübergehend nicht verfügbar sind. 21,5% befinden sich in einer Ausbildung oder nehmen an anderen Bildungsmaßnahmen teil. Bei 6,9% liegen sonstige Gründe vor. Dezidiert untersucht der neue Arbeitslosenreport der Wohlfahrtsverbände in NRW die Statistik über den Ausstieg aus der Arbeitslosigkeit.

„Die Statistik zeigt einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Wir müssen die Zahlen jedoch differenziert betrachten, um zu verstehen, welche Personengruppen verstärkt Hilfe benötigen, um wieder einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu bekommen.“, sagt Brunhild Demmer, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtspflege im Kreis Wesel.

Insgesamt 19.829 Menschen waren laut Arbeitslosenreport im Juni im Kreis Wesel unterbeschäftigt. „Diese Zahl der Unterbeschäftigten ist die genauere Arbeitslosenzahl, weil in ihr auch alle Personen mitgezählt werden, die faktisch arbeitslos sind, aber in der offiziellen Statistik nicht auftauchen“, sagt Demmer.

Der langsame Rückgang der Arbeitslosenzahlen sei zwar zu begrüßen, doch die Gesamtzahl der als arbeitslos erfassten Menschen, die nicht wieder in die Erwerbsarbeit zurückkehren, sei aktuell noch zu hoch. Die Wohlfahrtsverbände fordern deshalb verstärkte Anstrengungen von Unternehmen und der öffentlichen Hand, um Arbeitsplätze zu schaffen und Arbeitsprozesse so zu gestalten, dass Viele teilhaben können.

Männern und jungen Menschen unter 25 Jahren gelingt es besser, aus der Arbeitslosigkeit heraus in Erwerbsarbeit zu kommen als Langzeitarbeitslosen, Schwerbehinderten und älteren Menschen – das belegt der Arbeitslosenreport bei der differenzierten Auswertung der Statistik nach Personenmerkmalen.


Menschen, die noch nicht lange arbeitslos sind, gelten bis zu 12 Monate als arbeitsmarktnah. Viele beziehen Leistungen nach dem SGB III. Ihnen gelingt es laut Statistik deutlich häufiger, aus der Arbeitslosigkeit wieder in die Erwerbstätigkeit zu gelangen, als Langzeitarbeitslosen und anderen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen. Konnten im SGB III immerhin 53,4 Prozent die Arbeitslosigkeit im Kreis Wesel im Juni 2021 verlassen, waren es im SGB II nur 27,4 Prozent.

Die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Kreis Wesel: „Der Arbeitslosenreport belegt einmal mehr, dass die Wiederaufnahme einer Erwerbsarbeit nach Arbeitslosigkeit vor allem Menschen im Rechtskreis der Arbeitslosenversicherung (SGB III) gelingt, die in der Regel noch nicht lange arbeitslos sind. Für einkommensarme und langzeitarbeitslose Menschen im Rechtskreis des SGB II ist es viel schwerer, die Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu beenden. Die Freie Wohlfahrtspflege fordert deshalb den deutlichen Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung, die für viele dieser Personen die einzig realistische Chance zur Teilhabe am Arbeitsmarkt ist.“

Auch manche älteren Menschen und Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten wie Wohnungslose und Suchtkranke hätten ohne öffentliche Förderung weniger Chancen auf Teilhabe am Arbeitsmarkt. Für sie brauche es zusätzliche Förderinstrumente, die eine Weiterbeschäftigung mit Lohnkostenzuschuss und Arbeitsvertrag notfalls bis zur Rente möglich machten, so die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege im Kreis Wesel.

 

Ansprechpartner für weitere Fragen und Informationen:

Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Wesel
Sprecherin: Brunhild Demmer
E-Mail: Brunhild.Demmer@caritas-moers-xanten.de