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Informationen

zum Thema sexueller Missbrauch des Arbeitskreises gegen sexuelle Kindesmisshandlung im Kreis Wesel

  1. Was ist sexueller Missbrauch?
  2. Wie kommt es dazu?
  3. Wer macht so was?
  4. Wer ist betroffen?
  5. Woran erkennt man sexuellen Missbrauch?
  6. Wo bekomme ich Hilfe und Unterstützung?
  7. Wie schütze ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch?

 

1.  Was ist sexueller Missbrauch?
Sexueller Missbrauch ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Kindern und Jugendlichen gegen deren Willen vorgenommen wird. Bei sexuellem Missbrauch besteht immer ein Machtgefälle zwischen Opfer und Täter. Auf Grund dieses Machtgefälles, das durch Abhängigkeit, psychische oder physische Unterlegenheit,  Altersunterschied und andere Faktoren geprägt sein kann, können Kinder und Jugendliche den Handlungen nicht willentlich zustimmen. Die Machtposition, die Unwissenheit, das Vertrauen oder die Abhängigkeit eines Mädchen oder Jungen wird dabei zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse benutzt. Sexueller Missbrauch wird als Gewaltdelikt angesehen, bei dem es vorrangig um die Befriedigung von Macht mit Hilfe von Sexualität geht. Macht wird sexualisiert. Sexueller Missbrauch ist keine Diagnose, sondern ein Straftatbestand gegen die sexuelle Selbstbestimmung.
Im Jahre 2010 gab es im Kreis Wesel 51 angezeigte Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern, die Dunkelziffer ist etwa 15 bis 20 mal größer (Kriminalstatistik, Polizei Kreis Wesel).

2. Wie kommt es dazu?
Täter und Täterinnen nehmen gezielt Kontakt zu potentiellen Opfern auf, erkunden deren Interessen, Vorlieben und Bedürfnisse und bauen eine vertrauensvolle Beziehung auf. Darauf aufbauend kommt es zu "scheinbar zufälligen" Grenzüberschreitungen, wie z.B. intensives Abtrocknen der Geschlechtsteile nach dem Baden. Täter und Täterinnen benutzen manipulative Strategien, um ihre Interessen bei den Kindern durchzusetzen, selten greifen sie zu Erpressungen, Drohungen oder körperlicher Gewalt. Die Wahrnehmung der betroffenen Kinder und Jugendlichen wird verwirrt, z.B. durch Aussagen wie "Das ist doch schön. Du hast das doch gewollt. Das machen Onkel und Nichten so..."
Die sexuellen Übergriffe werden zum gemeinsamen Geheimnis erklärt. Die sexualisierte Gewalt wird langsam aufgebaut und in der Intensität über Jahre gesteigert. Täter und Täterinnen haben meist mehrere Opfer. Sexueller Missbrauch ist eine Wiederholungstat.

Kinder und Jugendliche verlagern zunehmend Teile ihrer Kontakte ins Internet. In Portalen, sozialen Netzwerken und über das Handy werden Freundschaften geschlossen und gepflegt. Zunehmend werden Kinder und Jugendliche dabei Opfer vom sog. "Cyber-Mobbing". Darunter versteht man das absichtliche Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer im Internet oder per Handy. Cyber-Mobbing wird in der Regel durch Personen aus dem eigenen Umfeld, wie z.B. Schule, Bekanntenkreis, Wohnviertel verübt. Obwohl die TäterInnen anonym bleiben, haben die Betroffenen oft einen Verdacht, wer hinter den Übergriffen steckt. Laut der Forsa Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse von 2011 war allein in Nordrhein-Westfalen bereits mehr als jeder dritte Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren schon einmal einer Cyber-Mobbing-Attacke ausgesetzt. Jede/r fünfte betroffene SchülerIn wurde im Internet oder per Handy direkt bedroht oder beleidigt. Jede/r Sechste litt demnach unter Verleumdungen. Bei elf Prozent kam es zu einem Missbrauch der Internet-Identität. Ebenso können anonyme Chatrooms genutzt werden, um Kontakte zu Kindern und Jugendlichen aufzubauen. Hier kann es z.B. zu sexuellen Übergriffen durch das unvorbereitete Erhalten von pornografischen Bildern und Videos kommen.

3. Wer macht so was?
Täter und Täterinnen sind in allen Altersgruppen, Gesellschaftsschichten, Nationalitäten und Berufsgruppen anzutreffen. Sie kommen überwiegend aus dem nahen Umfeld der Kinder und Jugendlichen, wie der Familie, dem Freundeskreis oder Sportvereinen etc.
Entgegen vieler Medienberichte handelt es sich selten um FremdtäterInnen.
Sexueller Missbrauch wird zu 80% von Männern begangen. Heute ist bekannt, dass 1/3 der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen verübt werden. Neben den Betroffenen benötigen auch übergriffige Kinder und Jugendliche frühzeitig einsetzende Hilfen.

4. Wer ist betroffen?
Mädchen und Jungen aller Altersgruppen können Opfer sexuellen Missbrauchs werden.

Täter und Täterinnen suchen sich häufig Kinder aus,

  • die sehr autoritär erzogen werden
  • die wenig Kenntnisse über ihren Körper haben
  • die emotional bedürftig und vernachlässigt sind
  • die nach traditionellem Rollenverständnis erzogen werden
  • die sich nicht wehren und artikulieren können, aufgrund mangelnder Information oder körperlicher / geistiger Beeinträchtigung

Die Erfahrung zeigt, dass starke und selbstbewusste Kinder, die ihren Gefühlen vertrauen und sich auch in schwierigen Situationen Hilfe holen, seltener zu Opfern von sexuellem Missbrauch werden.

5. Woran erkennt man sexuellen Missbrauch?
Es gibt keine eindeutigen Symptome, außer in den Fällen, wo unzweifelhafte, körperliche Verletzungen vorliegen.  In seltenen Fällen, in denen Spermaspuren vorhanden sind, sollte eine Beweissicherung erwogen werden. Jungen und Mädchen machen erlebten sexuellen Missbrauch über Verhaltensänderungen (wie z.B. Rückzug, Aggressionen, Schlafstörungen etc.) deutlich. Hinter Auffälligkeiten kann, muss aber nicht sexueller Missbrauch stehen. Betroffene Kinder und Jugendliche brauchen sensible Erwachsene, die genau hinsehen, hinterfragen und Hilfen einleiten.

6. Wo bekomme ich Hilfe und Unterstützung?
Kinder können, je nach Alter, noch nicht für sich selbst entscheiden, welche Unterstützung sie brauchen und wo sie diese bekommen können. Sie sind auf die Hilfe von Vertrauenspersonen angewiesen.
Sexueller Missbrauch ist auch für die Erwachsenen, die ein Kind begleiten eine große Belastung. Daher ist es sinnvoll, sich selbst professionelle Unterstützung zu holen, um über einen möglichen Verdacht, die eigenen Unsicherheiten und Zweifel zu sprechen.

Die TeilnehmerInnen des Arbeitskreises bieten solche Beratungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene anonym und kostenlos an.

In den ein- oder mehrmaligen Beratungsgesprächen orientieren sich die Inhalte der Gespräche an den Fragen der Ratsuchenden und am Kinderschutz. Welche Situation liegt vor, was braucht der oder die Ratsuchende, wer sollte noch beteiligt, "ins Boot geholt", werden, wie z.B. TherapeutInnen, RechtsanwältInnen etc., welche weiteren Handlungsschritte sollten unternommen werden?
Bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch ist der Wunsch einzugreifen und diesen sofort zu stoppen selbstverständlich. Durch überhastetes Handeln besteht die Gefahr Fehler zu machen, die die Situation der Kinder verschlechtern können. Daher ist der wichtigste Tipp an die Vertrauenspersonen, Ruhe und ein offenes Ohr zu bewahren. Ein Hilfeprozess mit allen Folgen für das betroffene Kind sollte gut und langfristig geplant sein.
Sexueller Missbrauch macht betroffen, daher ist es unabdingbar sich selbst Hilfe zu holen, um alle Handlungsschritte zu planen.

7. Wie schütze ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch?
"Geh nicht allein im Dunkeln! Bleib in der Nähe! Nimm nie Süßigkeiten von Fremden an!" Wer kennt diese Warnungen nicht aus der Kindheit? Diese gut gemeinten, jedoch irreführenden Ratschläge vermitteln Mädchen und Jungen Fehlinformationen, denn die TäterInnen sind nur selten Fremde. Die meisten Fälle sexueller Übergriffe werden durch vertraute Erwachsene verübt. Zudem machen solche Warnungen, wie sich viele Eltern selbst erinnern, ein diffuses Gefühl von Angst, die das Selbstbewusstsein und das eigene Handeln schwächt.

Prävention gegen sexuellen Missbrauch ist insbesondere eine Erziehungshaltung, in der Gefühle und Grenzen von Kindern ernst genommen werden, Nein-Sagen erlaubt ist und damit wichtige Entwicklungserfahrungen ermöglicht werden. Eltern können so in der alltäglichen Erziehung ihrer Kinder zu einer wirksamen Prävention beitragen. Prävention heute beschreibt zum einen die Rechte von Kindern und zum anderen eine Erziehungshaltung von Erwachsenen.
In der Arbeit mit Kindern wird altersgemäß vermittelt, was sie zu ihrem Schutz beitragen können. Dabei geht es u.a. um die Stärkung des Selbstbewusstseins und darum, Hilfen aufzuzeigen und Mut zu machen, auch über schwierige Themen und belastende Erfahrungen zu reden. Im Vordergrund steht dabei nicht die detaillierte Aufklärung über sexuellen Missbrauch, sondern es werden spielerisch und altersentsprechend Themen aus dem Alltag der Mädchen und Jungen aufgegriffen.
Es geht z.B. darum den eigenen Körper kennen zu lernen, das Recht nein zu sagen, gute und schlechte Gefühle, angenehme und unangenehme Berührungen sowie gute und schlechte Geheimnisse zu unterscheiden, ebenso um die Frage, wann sollten diese weitererzählt werden? Kinder und Jugendliche werden über die Tatsache aufgeklärt, dass 80% der TäterInnen aus dem sozialen Nahfeld kommen. Sie bekommen Informationen darüber, solche sexuellen Übergriffe zu erkennen und wo sie Hilfe und Interstützung erhalten. Die Verantwortung für den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch liegt bei den Erwachsenen. In Informationsveranstaltungen für Eltern oder Fortbildungsveranstaltungen für pädagogische Fachkräfte gibt es die Möglichkeit sich mit offenen Fragen zum Thema sexueller Missbrauch und Prävention auseinanderzusetzen.
Im Vordergrund steht an dieser Stelle die Aufklärung und Wissensvermittlung, um Unsicherheiten, Ängsten, Fragen und Mythen zum Thema entgegenzuwirken.